Google Scribe – Am Anfang war das Wort

Zu den österlichen Feiertagen, mal nichts besinnliches sondern eher etwas lustiges.
Die Textverarbeitungsprogramme Microsoft Office, Open Office und Libre Office bieten alle eine Funktion, die Vorschläge macht, wie ein begonnenes Wort zu beenden ist. Microsoft ist eher dezent mit einem gelben Kästchen samt Vorschlägen, wohingegen Auto – Vervollständigen in Open Office und Libre Office gerade in längeren Dokumenten anstrengend werden kann.
Google setzt den Ansatz von Auto Vervollständigen in Google Scribe konsequent fort. Der Suchmaschinen – Riese möchte mit den Suggestions das Schreiben beschleunigen und ganze Sätze oder Phrasen vervollständigen.
In englischer Sprache ist die Funktion schon länger in der Online Textverarbeitung vorhanden, in den Google Labs kann man sich nun auch auf deutsch austoben.
Die Antwort auf die Frage, woher die Vorschläge stammen, beantwortet Google gewohnt nebulös: Man sammle Daten aus bisher verfassten Dokumenten und anderen Datenbeständen.
Tendenziell finde ich eine solche Funktion, sollte sie sich durchsetzen, eher fragwürdig. Im Endeffekt würde Sprache auf den kleinsten gemeinsamen Nenner reduziert, wenn Vorschläge nur nach der Häufigkeit der Verwendung unterbreitet werden.Zwar werden Googles Algorithmen schon etwas elaborierter sein, aber eine Verkleinerung des Sprachschatzes, hätte es meiner Meinung nach trotzdem zur Folge.
Abgesehen davon, schlägt die Google – eigene Zensur schon sehr deutlich zu, vor allem in der amerikanischen Version von Scribe. Four Letter Words oder Ausdrücke, die mit Sexualität zu tun haben, werden den amerikanischen Nutzern selten bis gar nicht vorgeschlagen.

Von Serienreife ist Google Scribe, Gott sei dank, noch weit entfernt, aber es gibt Einblick in die Gedankenwelt des WWW.
Doch fangen wir klein an:
Am Anfang war das Wort klappt problemlos. Aus „Lothar Matthäus“ wird ganz schnell Lothar Matthäus und Liliana Matthäus Passion Christi. Eine Leidensgeschichte war wohl beides, aber man kommt doch manchmal ins Grübeln was wie häufig geschrieben wurde, um solche Kombinationen zu ermöglichen.
Den Klassiker unter den Aussprüchen von Uns – Loddar kennt Google natürlich auch. Auf „Mailand oder Madrid“ folgt zielsicher Hauptsache Italien.

Woher Google die Vorschläge bezieht und dass dabei nicht nur mit Scribe erstellte Dokumente durchsucht, sondern auch Websiten aus dem Index hinzunimmt, wird deutlich wenn man einen Satz einfach immer weiter vervollständigen lässt. Über Kurz oder Lang erhält man Fragmente von den allseits beliebten Disclaimer Texten: Atomenergie ist eine der wichtigsten Aufgaben der Zukunft zu meistern und die damit verbundene Möglichkeit der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich für die Inhalte externer Links

Schauen wir dem Web – Volk mal etwas genauer auf´s Maul: „Homosexualität“ ist wahlweise ein Gräuel, angeboren oder eine Sünde. „Schwul“ sind ein Drittel der Befragten. „Huren“ sucht man in der Stadt oder Region Nord Holland, da scheint sich jemand auf den Osterurlaub vorzubereiten.
An Feiertagen möchte man ja vielleicht auch etwas mehr über das Buch der Bücher erfahren, „Die Bibel“ ist die Geschichte einer Stadt, was ja nun nicht hundertprozentig falsch aber vielleicht etwas kurz gegriffen ist. „Ostern ist“ hingegen der erste Schritt zur Besserung. Für Jesus bestimmt.

Literarisch ist Google und das Netz ohne Frage bewandert: „1984“ von George W. Bush – Näher an der Realität als an der Vorlage werden Freunde des Patriot Act sagen. Treffsicherer zeigt sich Google bei der Goethe Ballade Erlkönig:
Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? – Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht? Nach der Eingabe von „Mein Sohn“ führt Google sicher zum Ziel. Wie die Google Suchmaschine kennt Scribe auch die Antworten auf die wirklich wichtigen Fragen, „Life, the universe and everything else“ wird treffsicher mit 42 beantwortet.

Google Scribe ist momentan noch weit davon entfernt ein Produktivwerkzeug zu sein, als Fenster in die Seele des Webs eignet es sich zumindest bedingt, auf jeden Fall ist Google Scribe eine wundervolle Gelegenheit Zeit totzuschlagen. Wie alles in den Google Labs ist Scribe noch eine Beta – Version. Bei stärkerer Auslastung macht sich dies deutlich in den Wartezeiten bemerkbar bevor ein oder mehrere Vorschläge unterbreitet werden. Für ganz Hartgesottene gibt es in der Google Scribe Hilfe die Möglichkeit ein Browser Applet zu installieren, dass fortan für jede Eingabe im Browser Suggestions vorschlägt. Aber nachher nicht nach dem Datenschutz fragen…